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Treffen zwischen Trump und PutinDie Erwartungen gehen gegen null

In der Ukraine glaubt kaum jemand daran, dass das Treffen zwischen Trump und Putin mit positiven Ergebnissen für das Land endet. Nutznießer sei Putin.

Toilettenpapier mit Putin-Konterfei in einem Laden in Ky­ji­w Foto: Jen Golbeck/sopa/imago

Kyjiw/Odessa taz | In den engen Gassen des Kyjiwer Bezirks Petschersk direkt im Zentrum und unweit des Regierungsgebäudes ist es ruhig. Ab und zu ertönen Luftschutzsirenen, die die Menschen jedoch ebenso wenig wahrzunehmen scheinen, wie das Zirpen der Grillen. Jetzt, zur Mittagszeit, arbeiten die meisten Ky­ji­we­r*in­nen normalerweise. Die Sonne brennt, die Straßencafés sind halb leer. An einem Tisch sitzt eine Frau und unterhält sich auf Englisch. An einem anderen Tisch hat es sich ein älterer grauhaariger Mann bequem gemacht, der offensichtlich auf jemanden wartet.

Gefragt, was er über das Treffen zwischen US-Präsident Donald Trump und Kremlchef Wladimir Putin an diesem Freitag in Alaska denke, sagt er: „Ich weiß ehrlich nicht einmal, was ich antworten soll. Mal sehen, wohin das führt… Der Krieg sollte enden, wie lange soll das noch so weitergehen. Zu welchen Bedingungen? Nun, Finger weg von den Gebieten, die wir noch haben. Die Russen haben schon so viel erobert. Wenn sich der Krieg hinzieht, werden sie uns noch mehr Territorium wegnehmen“, sagt er und schüttelt den Kopf.

Nach Cherson könne man nicht mehr fahren, dort habe er früher jedes Jahr Urlaub gemacht, erzählt er noch. „Auch in Odessa ist es beängstigend. An den Stränden werden Menschen in die Luft gesprengt, weil sie auf Minen treten.“

Eine Mitarbeiterin des Cafés, sie heißt Anastasia, ist gerade dabei Kaffee zu mahlen. Sie interessiere sich nicht für Politik und finde sogar die Versprechen, den Krieg zu beenden, komisch. „Ich glaube nicht, dass es Fortschritte geben wird, weil Putin keine Zugeständnisse machen will. Und Trump sieht doch nur seinen eigenen Vorteil. Manchmal scheint er zu helfen und manchmal nicht. Ich glaube, wir werden von diesem Treffen keinen Nutzen haben, weil uns niemand Zugeständnisse machen will“, sagt sie.

Brütende Hitze

Auf den Straßen Odessas ist es brütend heiß. Pragmatische Odes­si­t*in­nen sagen, ein solches Treffen nütze vor allem Putin. Der erhalte Legitimation und einen Handschlag vom Weltestablishment – vielleicht sei das ja auch alles, was die Russen von diesem Treffen bräuchten. Trump wird vorgeworfen, er sehe nichts anderes als den Friedensnobelpreis und sei dafür bereit, die Ukraine schnell zu Gebietstauschen zu überreden, ohne sich an die Normen des Völkerrechts zu halten.

Alija Zamchinskaja, Redakteurin einer lokalen Nachrichtenseite erwartet von dem Treffen zwischen Trump und Putin überhaupt nichts – weder ein Einfrieren noch ein Ende des Konflikts. „Putin will einfach nur Zeit gewinnen, damit keine weiteren Sanktionen gegen ihn verhängt werden“, sagt sie.

Auch die Hausfrau Zoja stapelt tief. „Ich erwarte von dem Treffen weitere leere Versprechungen und keine konkreten Details. Warum? Weil weder die Ukraine noch Russland in einer Situation sind, in der sie zu ernsthaften Zugeständnissen gezwungen sind. Und die Forderungen sind zu unterschiedlich. Putin wird weiterhin Zeit schinden und so tun, als würde er verhandeln“, glaubt sie.

In der ukrainischen Armee scheint sich der Optimismus angesichts des Treffens in Alaska ebenfalls in Grenzen zu halten. Die Soldaten sehen keine Anzeichen für ein Ende des Krieges. Denn sie müssen die fortwährenden Angriffe der Russen auf die Gebiete Charkiw, Donezk und Saporischschja abwehren, die immer massiver werden.

Nichts als Absichtserklärungen

„Ich verstehe, dass jeder schon jetzt zumindest ein wenig das weitere Leben planen möchte. Aber dabei sollte man nie von Worten, sondern von der realen Situation und realen Taten ausgehen. Und letztere widersprechen allen Aussagen. Ich glaube nicht, dass ein Land, das den Krieg beenden und sich an den Verhandlungstisch setzen will, so viel Aufwand betreiben und so viele Ressourcen für die Verlegung von Truppen, die Durchführung von Angriffen und die Planung, diese noch zu intensivieren, aufwenden wird“, schreibt der Oberstleutnant der ukrainischen Streitkräfte, Maksym Schorin, in seinem Telegram-Kanal.

Das Militär betont, dass Trumps frühere Versprechen eines schnellen Kriegsendes lediglich mit Absichtserklärungen endeten. Das einzig Positive an den bisherigen Verhandlungen sei die Einigung über den Austausch von Kriegsgefangenen. Dies sei wirklich ein realer Erfolg, der kaum zu überschätzen sei.

Aus dem Russischen Barbara Oertel

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